Freihandelsabkommen
Um den Marktzugang von Schweizer Unternehmen zu verbessern und eine Diskriminierung auf ausländischen Märkten bestmöglich zu verhindern, ist es aus makroökonomischer Sicht für die Schweiz insbesondere vor dem Hintergrund der weltweit zunehmenden regionalen Liberalisierungsbestrebungen sowie der global zunehmenden politischen Unsicherheit wichtig, ihrerseits moderne und umfassende Freihandelsabkommen abzuschliessen.
Neben der Europäischen Freihandelsassoziationskonvention (EFTA-Konvention) und dem Freihandelsabkommen mit der EU umfasst dieses Netzwerk 30 Abkommen mit 40 Partnern. Bis auf die Abkommen mit China, Japan und den Färöern wurden alle Abkommen im Rahmen der EFTA abgeschlossen.
Die Bestimmungen über den Warenverkehr innerhalb der Abkommen beinhalten auch Regelungen für Agrarprodukte. Aufgrund der unterschiedlichen Agrarpolitiken und Sensitivitäten der einzelnen EFTA-Staaten werden die Bestimmungen über den Zugang zu den Agrarmärkten innerhalb dieser Abkommen bilateral durch jedes EFTA-Mitglied verhandelt. Die Freihandelsabkommen der Schweiz unterscheiden zwischen Basisagrarprodukten und verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten. In diesen beiden Bereichen wird eine gezielte Liberalisierung angestrebt, welche mit den Zielen der Schweizer Landwirtschaftspolitik vereinbar ist. Die von der Schweiz gewährten Konzessionen betreffen insbesondere Zollreduktionen für nicht sensible Produkte (z.B. tropische Früchte) und Importe innerhalb bestehender WTO-Zollkontingente (z.B. Fleisch oder Früchte/Gemüse). Im Gegenzug bemüht sich die Schweiz, in den Verhandlungen möglichst weitgehende Konzessionen für Agrarprodukte mit hohem Exportpotenzial wie Käse und andere Milchprodukte, Trockenfleisch, Getränke, Schokolade und Zuckerwaren zu erhalten.
Den Anliegen der Gesellschaft sollen auch in Freihandelsabkommen Rechnung getragen werden. Wichtige Themen wie Nachhaltigkeit und Tierwohl werden mit den Partnerstaaten angesprochen und soweit möglich in die Abkommen integriert.
Auch 2020 war die Schweiz bestrebt, ihr weltweites Netz von Freihandelsabkommen mit Drittstaaten weiter auszubauen oder zu modernisieren.
Aktuelle Entwicklungen bei den Freihandelsabkommen im Rahmen der EFTA
Abgeschlossene Verhandlungen
Gegen das 2018 unterzeichnete umfassende Freihandelsabkommen zwischen Indonesien und den EFTA-Staaten wurde das Referendum ergriffen. Hauptanliegen der Referendumsinitianten sind die Nachhaltigkeitsanliegen betreffend Palmöl. Es wird voraussichtlich zu einer Volksabstimmung im Winter 2020/2021 kommen. Bei einer Annahme des Abkommens wird die EFTA der erste Freihandelspartner Indonesiens in Europa sein. Neben weitreichenden Konzessionen für schweizerische Industrieprodukte und landwirtschaftliche Erzeugnisse enthält das Abkommen auch Bestimmungen zum Handel und zur nachhaltigen Entwicklung, die unter anderem den Import von indonesischem Palmöl aus nachhaltiger Produktion in die Schweiz regeln.
Im August 2018 schloss die Schweiz ihre Verhandlungen mit den Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay) in der Substanz ab. Das Abkommen, das Anfang 2021 unterzeichnet werden soll, beinhaltet im Bereich Landwirtschaft Zugeständnisse für die wichtigsten Exportprodukte dieser Länder, nämlich Fleisch, Rotwein und einige Futtermittel. Die Agrarexporte dieser Länder machen etwa 40 % ihrer weltweiten Gesamtexporte (ohne Gold) aus. Die Schweiz ihrerseits hat für ihre Exportprodukte, nämlich Käse, Getränke und Produkte der Nahrungsmittelindustrie, einen präferenziellen Zugang erhalten. Darüber hinaus verpflichteten sich die Vertragsparteien, den Dialog über Lebensmittelsysteme, nachhaltige Landwirtschaft und Tierschutz aufzunehmen. Es gibt weiterhin nicht tarifäre Bestimmungen für die Einfuhr von Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Erzeugnissen, um den Anforderungen der Konsumenten an gesunde Produkte gerecht zu werden.
Das im Juni 2018 abgeschlossene Freihandelsabkommen mit Ecuador wurde von beiden Seiten ratifiziert und wird in der 2. Jahreshälfte 2020 in Kraft treten.
Laufende Verhandlungen
Die EFTA-Staaten handeln derzeit neue Freihandelsabkommen mit Indien, Malaysia, und Vietnam aus. Mit den bestehenden Freihandelspartnern Chile und der Südafrikanischen Zollunion (SACU) wird eine Modernisierung der Abkommen verhandelt.
Malaysia: Nach rund drei Jahren Pause konnten im Februar 2020 die Freihandelsverhandlungen zwischen den EFTA-Staaten und Malaysia fortgesetzt werden. Auf Seiten Malaysias ist der Marktzugang für Palmöl eines der Hauptanliegen. Diesbezüglich unterstrich die Schweiz die politische Sensitivität dieser Marktzugangsfrage für Palmöl sowie die damit verbundene Konditionalität bezüglich Nachhaltigkeit und stellte klar, dass das Abkommen mit Indonesien den Benchmark darstellt. Der Ausbruch von Covid-19 hat die Dynamik der Verhandlungen etwas gebremst. Die nächste Runde der Verhandlungen ist auf Herbst 2020 angesetzt.
Vietnam: Die Verhandlungen, die 2012 begonnen hatten, verlaufen schleppend und wurden im Mai 2020 neu aufgenommen. Vietnam und die EU haben ihre Verhandlungen bereits 2015 abgeschlossen und im Juni 2019 das Abkommen unterzeichnet. Das Abkommen wurde von der EU im Februar 2020 und von Vietnam im Juni 2020 ratifiziert. Die Hoffnung besteht, dass die Ratifizierung mit der EU die EFTA-Verhandlungen positiv beeinflussen könnte.
Südafrikanische Zollunion (SACU): Seit 2008 besteht ein Abkommen zwischen der SACU und den EFTA-Staaten, das unter anderem den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen umfasst. Die beiden Parteien haben beschlossen, das Abkommen aufgrund dessen Überprüfungsklausel und der spezifischen Interessen beider Parteien beim Agrarhandel zu revidieren. In diesem Rahmen fanden bisher insgesamt sechs Verhandlungsrunden zur Modernisierung statt. Währendem die EFTA einige neue Themen ins Abkommen einfügen möchte, wie die Nachhaltigkeit, weigert sich die SACU Delegation, über den klassischen Rahmen vom Güterhandel zu verhandeln
Chile: Im Herbst 2019 wurden die Verhandlungen zur Modernisierung des seit 2004 bestehenden Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Chile aufgenommen. Chile ist an einem verbesserten Markzugang für seine Agrarprodukte, insbesondere Wein, interessiert. Auf Schweizer Seite wurden einige der wichtigsten Exportagrarprodukte noch nicht berücksichtigt. Zusätzlich möchte die Schweiz ein Abkommen über den Schutz geographischer Angaben verhandeln, was für die Schweizer Landwirtschaft sehr wichtig ist. Aufgrund der Covid-19-Pandemie wurden die Verhandlungen im Sommer 2020 elektronisch weitergeführt.
Explorationen
Seit Ende 2018 führt die Schweiz bilateral explorative Gespräche mit den USA, die sich vor allem darauf konzentrieren, über die Besonderheiten der schweizerischen Landwirtschaft und Landwirtschaftspolitik zu orientieren. Diese Diskussionen sollen aufzeigen, ob für beide Länder beim Liberalisierungsgrad der Landwirtschaft ein gemeinsamer Nenner gefunden werden kann, um in formelle Verhandlungen eintreten zu können.
Weiter werden Kontakte zu verschiedenen Staaten in Asien und Subsahara-Afrika gepflegt.
Kilian Widmer, Fachbereich Handelsbeziehungen, kilian.widmer@blw.admin.ch
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