Meliorationen
Worum es geht
Können leistungsschwache oder produktionslose Böden und Infrastrukturen mit gezielten Massnahmen verbessert werden? Das Bundesamt für Landwirtschaft prüft in diesem Rahmen, inwiefern die agrarpolitischen Instrumente greifen und wie sie optimiert und weiterentwickelt werden können. Auch der Vollzugsprozess wird dabei überprüft.
Untersucht wurden Wegebauten, Massnahmen zum Boden- / Wasserhaushalt (Be- und Entwässerungen) sowie Wasserversorgungen. Zum anderen wurden Gesamtmeliorationen geprüft, welche Landumlegungen und bauliche Massnahmen beinhalten. Die Aussagen der Evaluation beziehen sich insbesondere auf diese Gesamtmeliorationen bzw. auf moderne Meliorationen.
Die Resultate basieren auf einer umfangreichen Datenanalyse und auf der Befragung von Landwirtinnen und Landwirten, Behördenvertreterinnen und -vertretern von Bund, Kantonen und Gemeinden sowie weiterer Fachexpertinnen und -experten. Zudem wurden vier repräsentative Meliorationen als Fallbeispiele untersucht und eine schriftliche Umfrage bei den kantonalen Meliorationsfachstellen durchgeführt. An vier Workshops mit einer breit abgestützten Begleitgruppe wurden die Resultate diskutiert, vertieft und ergänzt.
Abschluss durch den 4. Workshop mit der Begleitgruppe, 6. März 2019
Konzepte sind besser geworden
Es hat sich gezeigt, dass sich das Meliorationswesen seit den 1980er-Jahren insbesondere gegenüber den Themen Natur und Landschaft sowie Biodiversität sukzessive geöffnet hat. Das Instrument der Meliorationen wird zudem in verschiedenen Gesetzgebungen wie auch in der kommunalen Raumplanung als wichtiges Umsetzungs- und Koordinationsinstrument angewendet.
Moderne Meliorationen verfolgen drei Hauptziele:
Eine nachhaltige Landwirtschaft erhalten und fördern;
Die Kultur- und Naturlandschaft erhalten, pflegen und aufwerten und das Landschaftsbild aufwerten;
Öffentliche und privatrechtliche Anliegen in deren Realisierung unterstützen.
Die Breite der Zielsetzungen bewirkt, dass sehr unterschiedliche Entwicklungen und Herausforderungen in die Umsetzung von Meliorationsmassnahmen integriert werden können, ohne dass dazu eine konzeptionelle Anpassung des Instruments notwendig wird. Diese methodische und funktionale Robustheit und gleichzeitig die thematische Flexibilität erlauben es somit, auch Konflikte z.B. zwischen landwirtschaftlichen und ökologischen Zielsetzungen, durch ein ganzheitliches und koordiniertes Vorgehen aufzufangen und zu lösen.
Waren früher oft Grossprojekte, beispielsweise im Strassen- oder Flussbau, Auslöser von modernen Meliorationen, sind es heute vermehrt viele kleinere, die in unterschiedlichster Form und Zusammensetzung in einem Perimeter auftreten können.
Wichtige aktuelle und zukünftige Themenbereiche für moderne Meliorationen.
Prozesse beim Vollzug optimieren
Auf der Vollzugsebene besteht primär beim Prozessablauf Optimierungsbedarf, insbesondere bei grossen Projekten oder Gesamtmeliorationen. Bei Meliorationen, die nicht durch einen Kanton angeordnet wurden, ist der freiwillige Bottom-up-Prozess der Initiierung zum Teil schwer in Gang zu setzten. Um ein Projekt erfolgreich zu initiieren, erweist sich deshalb als zentral, dass sämtliche Anspruchs- und Interessengruppen, insbesondere die zunehmenden nicht-landwirtschaftlichen Grundeigentümerinnen und -eigentümer, früh einbezogen werden. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass der Bund die Kommunikationsarbeit verstärkt, um die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten von modernen Meliorationen vermehrt ausserhalb der Landwirtschaft einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen.
Rechtfertigt die Wirkung den Mitteleinsatz?
Auf der Wirkungsebene stehen neben fördernden und hemmenden Faktoren der private und öffentliche Nutzen sowie die Effizienz von Meliorationsmassnahmen im Vordergrund. Bei der Evaluation ging es auch darum, den zukünftigen Bedarf an Meliorationen abzuschätzen.
Es zeigte sich, dass eine Analyse des privaten Nutzens auf Grund der lückenhaften Datengrundlage kaum möglich ist. Durchschnittlich verbleiben den Betrieben bei einer Melioration Restkosten von 3000 bis 5000 Fr./ha. Dem stehen eine angenommene Produktionskostenreduktion von rund 700 Fr./ha gegenüber sowie eine rund 10 % höhere Bodenfruchtbarkeit, was je nach Bewirtschaftung zu Mehrerträgen von 250 bis 1500 Fr./ha führen kann.
Mit dem bisher praktizierten Finanzierungsschlüssel im Durchschnitt je nach Situation und Lage einer Melioration werden 15 bis 35 % der Kosten durch die Landwirtschaft und 65 bis 85 % durch die Öffentlichkeit getragen. Der Kostenanteil der Landwirtschaft erscheint als angebracht und gerechtfertigt.
Im Umkehrschluss müssen sich mit dem öffentlichen Nutzen die 65 bis 85 % Kostenanteile von Bund, Kantonen und Gemeinden rechtfertigen lassen. Auch dazu sind quantitative Angaben nicht möglich, da das Spektrum des öffentlichen Nutzens sehr breit ist. In den Befragungen zu den vier Fallbeispielen haben jedoch alle Gemeindevertreter die Synergien insbesondere mit der Sanierung und Weiterentwicklung der Gemeindeinfrastrukturen hervorgehoben. Im Weiteren wurden auch die Effekte zu Gunsten der Landschaftsentwicklung sowie Naherholung häufig als ein positiver öffentlicher Nutzen wahrgenommen. Dies auch im Wissen, dass es insbesondere im Bereich der Biodiversitätsförderung, beim Schutz von historischen Verkehrswegen sowie in der Koordination mit Wanderwegen immer wieder zu Konflikten kommt.
In Zukunft wird aufgrund des Klimawandels und der Notwendigkeit von Klimaanpassungsmassnahmen der Bedarf nach Bewässerungen sowie Wasserversorgungen zunehmen (vgl. letzte Abbildung). Der Bedarf nach Wegebauten ist dagegen rückläufig. Dafür wird der Erhalt bestehender Werke in Zukunft mehr Mittel erfordern. Mit einer klareren Investitionsplanung könnten Prioritäten gesetzt werden, um dem wachsenden Überhang an Werterhaltungsmassnahmen entgegenzuwirken.
Für das Meliorationswesen relevante Zukunftstrends – Anzahl Nennungen pro Trend (gemäss schriftlicher Befragung der kantonalen Meliorationsfachstellen).
Zukünftiger Bedarf nach neuen Meliorationsmassnahmen (gemäss schriftlicher Befragung der kantonalen Meliorationsstellen).
Auf der Basis der Resultate auf den drei Evaluationsebenen lassen sich sechs Empfehlungen ableiten.
Stärkung des bewährten Instruments: Der Stellenwert und der Einsatz des Instruments soll gestärkt und besser kommuniziert werden. Hierfür sollen Bund und Kantone den Bekanntheitsgrad des Instruments über eine gemeinsame Kommunikationsstrategie erhöhen.
Inhaltliche Weiterentwicklung des Instruments: Das Zielsystem soll vermehrt als ein fester Bestandteil von Meliorationen eingefordert und entsprechend neuer Themen jeweils angepasst und aktualisiert werden.
Bessere Planung und Abbau von Hindernissen bei der Auslösung: In Zusammenarbeit mit den Kantonen soll das BLW aufzeigen, wie die Phase der Planung verbessert und verflüssigt werden kann. Dabei soll geprüft werden, ob eine langfristige Planung von Meliorationen in die «Regionalen Landwirtschaftlichen Strategien» einfliessen kann.
Qualitätssteigerung in der Anwendung des Instruments: Die Qualität der Projekte ist massgebend für den Erfolg der Auslösung und Durchführung. Bei der Auftragsvergabe soll das BLW dieser Qualität ein höheres Gewicht beimessen.
Systematischeres Controlling und wirkungsorientierte Evaluation: Der Wissensstand des BLW über ausgeführte Meliorationen ist zu gering. Es wird ein systematischeres und effektiveres Monitoring sowie Controlling empfohlen, das auf eine zielorientiertere und aussagekräftigere Datensammlung und -aufbereitung setzt.
Werterhalt sichern und sicherstellen: Die vorherrschende und sehr individuell strukturierte «Bottom-up»-Auslösung von Meliorationsmassnahmen erschwert die Werterhaltungsplanung. Als Massnahme kann das BLW zusammen mit den Kantonen eine systematischere und nach Prioritäten ausgerichtete Werterhaltungsplanung entwickeln.
Die Evaluation wurde von der Bürogemeinschaft sofies-emac, ecoplan AG, bbp geomatik AG durchgeführt.
Anton Stübi Fachbereich Meliorationen BLW
Martin Fritsch Sofies-Emac martin.fritsch@sofiesgroup.com
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