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Ammoniak verändert sensible Ökosysteme

Ammoniakemissionen sind in verschiedener Hinsicht unerwünscht: Einerseits geht der Landwirtschaft Stickstoff verloren, der somit nicht mehr für die pflanzliche und tierische Produktion zur Verfügung steht. Im Schnitt der Jahre 2016/18 betrugen diese Verluste in der Schweiz 40 kg N/LN ha – das entspricht ungefähr einem Drittel der Jahresdüngung eines Weizenfeldes – oder total 42 600 Tonnen Stickstoff (N). 

Andererseits wird Ammoniak (NH3) mit den Luftströmungen verfrachtet und in nasser oder trockener Form anderswo wieder deponiert. In naturnahen und empfindlichen Ökosystemen wie Wäldern, Magerwiesen, Mooren und Heiden tragen übermässige Stickstoffeinträge zur Überdüngung und Versauerung bei. Dadurch werden unter anderem Bodenprozesse, Nährstoffhaushalt und Artenzusammensetzung verändert. Die verschiedenen Ökosysteme reagieren unterschiedlich auf Stickstoffeinträge. Um beurteilen zu können, ob die Stickstoffeinträge in ein Ökosystem übermässig sind, wurden für die verschiedenen Ökosysteme kritische Eintragsraten hergeleitet. Bei manchen Ökosystemen wie Hochmooren ist die kritische Eintragsrate von Stickstoff bereits bei 5 kg N/ha und Jahr erreicht, bei anderen, zum Beispiel Laubwäldern, bei 20 kg N/ha und Jahr. In der Schweiz werden die kritischen Eintragsraten im Mittelland, im Jura, am nördlichen und am südlichen Alpenhang sowie im Tessin teilweise um 30 kg N/ha pro Jahr oder mehr überschritten (Meteotest, 2019). Hier sind entweder die Stickstoffeinträge besonders hoch, die Ökosysteme besonders empfindlich, oder beides.

In der Schweiz kommen über 90 % der Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft, genauer gesagt aus der Tierhaltung. Ammoniak bildet sich dann, wenn das Enzym Urease im Kot mit dem Stickstoff im Harn (Harnstoff) in Verbindung kommt. Ammoniak entsteht auf verschiedenen Stufen des landwirtschaftlichen Produktionsprozesses: Im Stall/Laufhof oder auf der Weide, wo das Tier Kot und Harn ausscheidet, bei der Lagerung von Gülle und Mist, bei der Ausbringung der Hofdünger und aus den pflanzenbaulich genutzten Böden. Der grösste Anteil des Ammoniaks aus der Landwirtschaft entweicht im Stall/Laufhof und bei der Gülleausbringung (je zwischen 32 und 35 %). Die Entwicklung des Tierbestandes hat einen grossen Einfluss auf die Ammoniakemissionen.
 

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Emissionsstufen von Ammoniak in der Tierhaltung, von den Ausscheidungen bis zum Eindringen in den Boden. Grün: erwünschte Flüsse; rot: unerwünschte Flüsse (Emissionen); die Stärke der Pfeile gibt ungefähr die Grössenordnung der Flüsse wieder. Quelle: Nach Kupper et al. (2015)

Bundesrat will Massnahmen verstärken

Damit die Ökosysteme vor übermässigen Stickstoffeinträgen geschützt sind, dürfen die Ammoniakemissionen aus der Schweizer Landwirtschaft jährlich maximal 25 000 t NH3-N betragen (BAFU/BLW 2008). Um sich auf dieses Ziel hinzubewegen, setzt der Bundesrat in der Agrarpolitik jeweils Etappenziele. Das Etappenziel von 41 000 t NH3-N/Jahr in der Botschaft zu einem Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2018 – 2021 wird kaum erreicht werden können. In der Botschaft zur Agrarpolitik ab 2022 (AP22+) schlägt der Bundesrat eine Reduktion der Emissionen um 10 % bis 2025 (d.h. auf maximal 38 800 t NH3-N) vor. Damit die Ziele erreicht werden, will der Bundesrat die bisherigen Massnahmen verstärken. 
 

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Daten zu Ammoniakemissionen und anderen Agrarumweltindikatoren auf nationaler Ebene können hier heruntergeladen werden.

Technische Massnahmen zur Senkung der Ammoniak-Emissionen 

Die wichtigsten technischen Massnahmen zur Minderung der Ammoniakemissionen sind: 

  1. Emissionsarme Ausbringung von flüssigen Hofdüngern

    Nachdem Verfahren zur emissionsarmen Ausbringung von Hofdüngern während über zehn Jahren vom Bund finanziell gefördert worden sind, gilt es heute als Stand der Technik. Der Bundesrat hat beschlossen, solche Verfahren – zusammen mit der dauerhaften Abdeckung von Güllelagern – ab dem 1. Januar 2022 in der Luftreinhalte-Verordnung und in der Direktzahlungsverordnung zur Pflicht zu machen (vgl. 

    Website BLW). 

  2. Ausdehnung der Weidehaltung

    Auf der Weide versickert der Harn rascher als im Stall und kommt zudem weniger mit dem Kot in Berührung. Beides führt dazu, dass weniger Ammoniak freigesetzt wird. Die Massnahme zeigt ihre Wirkung aber nur, wenn Stall und Laufhof während der Weidezeit sauber gehalten werden. Der Bund fördert die Weide über die RAUS-Beiträge.

  3. Massnahmen im Stall und in der Fütterung

    Auch im Stall bestehen verschiedene Möglichkeiten zur Ammoniakminderung. Entsprechende bauliche Massnahmen werden vom Bund über die Strukturverbesserungsbeiträge noch mehr als bisher finanziell unterstützt. Auch die Fütterung kann optimiert werden, was neben der Ammoniakreduktion ebenfalls wirtschaftliche Vorteile bringt. 


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Schleppschlauch in Kombination mit Verschlauchung im Kanton Luzern im Einsatz (Foto: Martina Christen; Bildrecht: lawa).

Die gesamtbetriebliche Betrachtung ist entscheidend

Noch wichtiger als die Umsetzung einzelner Massnahmen ist jedoch die gesamtbetriebliche Betrachtung. Wer Anstrengungen unternimmt, die Emissionen im Stall zu reduzieren, sollte auch bei der Hofdüngerlagerung und -ausbringung Massnahmen ergreifen – sonst geht der eingesparte Ammoniak einfach später in die Luft. 

Die gesamtbetriebliche Betrachtung ist auch darum wichtig, weil nicht jede Massnahme auf jedem Betrieb gleich sinnvoll ist oder gleich viel nützt. So ist eine ausgeglichene Fütterung besonders wichtig, wenn die Tiere viel Zeit im Stall verbringen. Wenn sie geweidet werden, fallen die hohen Rohproteinüberschüsse – der Hauptgrund für hohe Ammoniakemissionen aus der Tierhaltung – aufgrund einer weniger optimalen Fütterung weniger ins Gewicht (Vorteile der Weidehaltung: vgl. Punkt (2) oben). 

Das BLW will diese gesamtbetriebliche Perspektive fördern, indem es ein Tool entwickelt, mit dem die Landwirte die Ammoniakemissionen ihres Betriebs auf einfache Weise berechnen können. Die Ergebnisse dieses Ammoniakrechners sollen in Zukunft als Grundlage für die Entrichtung von Produktionssystembeiträgen gebraucht werden können.

Zusammen mit dem Bund sind auch die Kantone wichtige Akteure zur Senkung der Ammoniakemissionen: Sie vollziehen die Luftreinhalte-Verordnung und damit die Begrenzung der übermässigen Immissionen in die sensiblen Ökosysteme. Sie können über Massnahmenpläne, Baubewilligungen und über die landwirtschaftliche Beratung Einfluss auf die Ammoniakemissionen nehmen.

Wo trotz aller Bemühungen dennoch übermässige Immissionen in naturnahe und sensible Ökosysteme auftreten, sind weitere Massnahmen notwendig. Da sich Ammoniakemissionen vor allem lokal und (über)regional auswirken, gilt es die Produktionsintensität an den jeweiligen Standorten besser an die Tragfähigkeit der betroffenen Ökosysteme anzupassen.

Literatur

BAFU/BLW (2008) Umweltziele Landwirtschaft. Umwelt-Wissen Nr. 0820. Bundesamt für Umwelt, Bern

Bundesrat (2016) Botschaft zu einem Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2018 – 2021

Bundesrat (2020) Botschaft zur Agrarpolitik ab 2022 (AP22+)

Kupper T, Bonjour C, Menzi H (2015) Evolution of farm and manure management and their influence on ammonia emissions from agriculture in Switzerland between 1990 and 2010. Atmospheric Environment 103, 215 – 221

Meteotest (2019) Mapping Nitrogen Deposition 2015 for Switzerland. Technical Report on the Update of Critical Loads and Exceedance, including the years 1990, 2000, 2005 and 2010. Im Auftrag des BAFU, 49S.

Christine Zundel, BLW, Fachbereich Agrarumweltsysteme und Nährstoffe, christine.zundel@blw.admin.ch

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