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Wozu braucht es eigentlich Pflanzenschutzmittel? Pflanzenschutzmittel werden eingesetzt, um Pflanzen vor Schädlingen, Krankheiten oder konkurrierenden Pflanzen zu schützen. Damit soll der Ertrag und die Qualität von Futter- und Lebensmitteln gesichert und gesteigert werden. Sie wirken aber nicht nur auf Schadorganismen, sondern können auch unerwünschte negative Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt haben. 

Verkauf von konventionellen Pflanzenschutzmitteln rückläufig

Im 2018 überwiegend Fungizide und Herbizide verkauft

Im Jahr 2018 wurden in der Schweiz 2054 Tonnen Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe verkauft. Fast die Hälfte der 2018 verkauften Menge waren Fungizide, die zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten eingesetzt werden. Sie hatten mit 49 % den grössten Anteil an der verkauften Menge. Die gegen Unkräuter wirkenden Herbizide stellten mit 28 % der verkauften Menge die zweitwichtigste Gruppe dar. Mit 14 % der verkauften Menge waren Insektizide zur Bekämpfung von Schadinsekten die drittwichtigste Gruppe. Molluskizide gegen Schnecken, Wachstumsregulatoren und andere Wirkstoffe hatten je einen Anteil von 1- 6 % an der verkauften Menge. 

Wirkstoffe, die sowohl in der biologischen als auch in der konventionellen Landwirtschaft eingesetzt werden dürfen, hatten 2018 einen Anteil von 43 % an der insgesamt verkauften Wirkstoffmenge. Bei Fungiziden waren es 56 % der verkauften Menge, bei Insektiziden 89 % und bei den übrigen Wirkstoffen 64 % («Andere»; z.B. Kaolin, Rapsöl, Sojalezithin, Rapsmethylesther, Dazomet). Der Anteil an Wirkstoffen, die auch in der biologischen Landwirtschaft eingesetzt werden dürfen, war 2018 hingegen gering bei Herbiziden (0 %), Molluskiziden (4 %) und Wachstumsregulatoren (1 %).


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Die Wirkstoffe, die im biologischen Anbau zugelassen sind, aber auch im konventionellen Anbau eingesetzt werden, sind jeweils getrennt ausgewiesen. Mineralöle wurde abweichend von der Methode von Eurostat den Insektiziden zugewiesen (statt zu «Andere»), da diese wie auch das Paraffinöl als Insektizide eingesetzt werden.
Quelle: BLW

Ein Drittel weniger Herbizide verkauft als vor zehn Jahren

Für den Verkauf von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz liegt seit 2008 eine einheitliche Datenreihe vor (vgl. voherige Grafik). Die insgesamt verkaufte Menge Pflanzenschutzmittel nahm zwischen 2008 und 2018 um 8 % ab. Die Verkaufsmenge von den nur in der konventionellen Landwirtschaft erlaubten Pflanzenschutzmitteln sank zwischen 2008 und 2018 um 29 %, dagegen stieg der Anteil von Wirkstoffen, die auch in der biologischen Landwirtschaft zugelassen sind, während dieser Zeit um 48 % an. 

Die Verkaufsmenge einzelner Wirkstoffgruppen (z.B. Herbizide, Fungizide, Insektizide) hat sich in den letzten Jahren unterschiedlich entwickelt. Zwischen 2008 und 2018 sank die Verkaufsmenge von Herbiziden um 33 %, die Verkaufsmenge an Fungiziden nahm insgesamt um 6 % zu und bei den übrigen Wirkstoffgruppen (Insektizide, Wachstumsregulatoren, Molluskizide und «Andere») schwankten die verkauften Mengen stark zwischen den Jahren und wiesen keinen deutlichen Trend auf. Zwischen 2008 und 2018 sank die Verkaufsmenge von den nur in der konventionellen Landwirtschaft erlaubten Wirkstoffen bei den Fungiziden um 27 %, bei den Insektiziden um 36 %. Bei den Fungiziden nahm im gleichen Zeitraum die Verkaufsmenge von Wirkstoffen, die auch im biologischen Anbau erlaubt sind, um 63 % zu.

Die neuesten Zahlen zur Verkaufsstatistik von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz können hier eingesehen werden.
 

Agrarumweltmonitoring zeigt, was, wo und in welcher Menge gespritzt wird

Aus den Verkaufszahlen, die sowohl landwirtschaftliche als auch nicht-landwirtschaftliche Anwendungsgebiete (wie zum Beispiel Privatgärten oder Forstwirtschaft) umfassen, lassen sich grobe Rückschlüsse über die Entwicklung des Einsatzes gewisser Wirkstoffgruppen in der Schweiz insgesamt ziehen. Für die Bewertung der Umweltrelevanz von Pflanzenschutzmitteln und für eine Überprüfung der Massnahmen zur Reduktion des Einsatzes und der Risiken von Pflanzenschutzmitteln speziell in der Landwirtschaft, ist es jedoch zentral zu wissen, in welcher Menge und in welcher Kultur diese eingesetzt werden. 

Im Rahmen des Agrarumweltmonitorings werden deshalb seit 2009 detaillierte Daten zum landwirtschaftlichen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln erhoben und ausgewertet. Damit wird einerseits der Indikator «Einsatz von Pflanzenschutzmitteln» berechnet, der die Entwicklung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes für jede Kultur aufzeigt. Andererseits dienen diese Daten zur Berechnung des Indikators «aquatische Risiken», der die Entwicklung der potenziellen Risiken von Pflanzenschutzmitteln für Organismen der Oberflächengewässer darstellt.

Einsatz von Herbiziden, Fungiziden und Wachstumsregulatoren nimmt ab

Anhand der Daten des Agrarumweltmonitorings kann die Häufigkeit des Pflanzenschutzmitteleinsatzes (Anzahl Interventionen) und die dabei durchschnittlich eingesetzte Wirkstoffmenge (in kg/ha) pro Kultur und Wirkstoffgruppe berechnet werden (vgl. Kasten). Die genaue Methodik wurde in de Baan et al. (2015) beschrieben. Wird nun die durchschnittliche Wirkstoffmenge pro Kultur mit der Gesamtanbaufläche der entsprechenden Kultur multipliziert, ergibt sich eine Hochrechnung der insgesamt in der Schweiz eingesetzten Wirkstoffmenge (in Tonnen) pro Kultur. Da zurzeit nicht für alle Kulturen und Anbausysteme repräsentative Daten vorliegen, beschränkt sich die Auswertung in diesem Bericht auf den nicht-biologischen Anbau und schliesst unterrepräsentierte Kulturen (z. B. Gemüsebau) aus. 

Die Daten des Agrarumweltmonitorings zeigten grosse Unterschiede zwischen den Kulturen bei der Anzahl Interventionen pro Jahr und der pro Fläche applizierten Wirkstoffmenge. Am häufigsten wurden Kernobst und Reben mit Pflanzenschutzmitteln, vor allem mit Fungiziden, behandelt. Die höchsten Einsatzmengen wurden ebenfalls bei Kernobst und Reben verzeichnet, gefolgt von Kartoffeln, Steinobst und Zuckerrüben. Die meisten Feldkulturen (Wintergerste, -weizen, Raps, Hülsenfrüchte, Übriges Getreide, Mais) wurden hingegen weniger häufig mit Pflanzenschutzmitteln behandelt, und die pro Fläche ausgebrachte Wirkstoffmenge war vergleichsweise tief. In Wiesen, Weiden und Brachen wurden nur selten Pflanzenschutzmittel eingesetzt (0,1 Interventionen). Zum Einsatz kamen dabei nur Herbizide und dies in sehr geringer Menge (0,1 kg /ha). Eine interaktive Visualisierung der Daten finden sie hier .
 

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Links: Mittelwerte der Anzahl Interventionen pro Kultur und Wirkstoffgruppe (2009 – 2018). Rechts: Mittelwerte der applizierten Wirkstoffmenge (in kg/ha) pro Kultur und Wirkstoffgruppe (2009 – 2018). Für Winterweizen, -gerste und Raps wurde nur der nicht-Extenso Anbau berücksichtigt.
Quelle: Agroscope

Überwiegend Herbizide und Fungizide eingesetzt

Bei der Hochrechnung der schweizweit eingesetzten Wirkstoffmenge für den Zeitraum 2009 – 2018 zeigte sich, dass nicht nur Kulturen mit einem vergleichsweise hohen Wirkstoffeinsatz pro Fläche, sondern auch Kulturen mit einer grossen Anbaufläche aber niedrigeren Einsatzmengen relevant waren. Insgesamt waren Fungizide und Herbizide die Wirkstoffgruppen mit den grössten hochgerechneten Einsatzmengen (pro Jahr durchschnittlich 511 t bzw. 441 t), gefolgt von Insektiziden (74 t) (vgl. vorherige Grafik).
 

Herbizide vor allem im Feldbau angewendet

Bei den Herbiziden hatten die Feldkulturen den grössten Anteil an der hochgerechneten Einsatzmenge. Sie wurden vor allem in Zuckerrüben (durchschnittlich 22 % des hochgerechneten Herbizid-Einsatzes) und Mais (19 %) eingesetzt. Auf Wiesen, Weiden und Brachen wurden trotz der geringen Menge pro Fläche (0,1 kg Herbizide/ha) durchschnittlich 11 % des hochgerechneten Herbizid-Einsatzes angewendet, da sie grosse Flächen belegen. 

Bei den Fungiziden wurde der grösste Teil der hochgerechneten Wirkstoffmenge bei den Reben eingesetzt (durchschnittlich 58 %), gefolgt von Kernobst (16 %), Kartoffeln (13 %) und Winterweizen (5 %). Der Anteil von Steinobst an der hochgerechneten Fungizidmenge betrug dagegen nur 2 %, da dessen Anbaufläche im Vergleich zu anderen Kulturen eher klein ist. 
 

Breiter Einsatz von Paraffinöl bei Insektiziden

Bei den Insektiziden entfiel der grösste Anteil der hochgerechneten Einsatzmenge auf Kartoffeln (durchschnittlich 43 %) und Kernobst (36 %). Der Wirkstoff Paraffinöl hatte den grössten Anteil an der eingesetzten Insektizidmenge, da das auch im biologischen Anbau zugelassene Paraffinöl für eine wirksame Behandlung in hoher Dosierung eingesetzt werden muss. 

Bei den Molluskiziden wurde der grösste Anteil der hochgerechneten Einsatzmenge in Raps (29 %) und Zuckerrüben (25 %) eingesetzt, bei den Wachstumsregulatoren entfielen 49 % der hochgerechneten Einsatzmenge auf Winterweizen, 36 % auf Wintergerste und 8 % auf «Übriges Getreide» (z.B. Sommergetreide, Hafer, Dinkel, Roggen, Triticale). Die «Anderen» Wirkstoffe wurden v.a. bei Reben (44 % der hochgerechneten Menge) und Kernobst (27%) eingesetzt.
 

Einsatzmengen von Herbiziden und Fungiziden nehmen ab

Im Zeitraum 2009 – 2018 nahmen über alle betrachteten Kulturen die hochgerechneten Einsatzmengen an Herbiziden und Fungiziden um 28 %, bzw. 25 % ab (vgl. folgende Grafik). Dieser abnehmende Trend war bei fast allen Kulturen zu verzeichnen. Bei den Wachstumsregulatoren nahm über alle betrachteten Kulturen die hochgerechnete Einsatzmenge in diesem Zeitraum um 36 % ab. Bei Insektiziden, Molluskiziden und anderen Wirkstoffen waren grosse Schwankungen zwischen den Jahren zu verzeichnen und kein eindeutiger Trend erkennbar.

Der Rückgang der hochgerechneten Einsatzmenge im Zeitraum 2009–2018 ist einerseits durch einen geringeren Wirkstoffeinsatz pro Fläche erklärbar. Andererseits nahm die Anbaufläche von Bio- und Extenso-Getreide (d.h. ohne Einsatz von Fungiziden, Insektiziden und Wachstumsregulatoren) in diesem Zeitraum zu und die Anbaufläche von konventionell angebauten Getreide insgesamt ab. Bei Winterweizen nahm beispielsweise die hochgerechnete Einsatzmenge an Wachstumsregulatoren in diesem Zeitraum um 55 % und bei Wintergerste um 27 % ab, wobei sowohl die Wirkstoffmenge pro ha als auch die Anbaufläche von konventionellem Getreide abnahm (-30 % bei Weizen und -20 % bei Gerste). 


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Schweizweite Hochrechnung des Wirkstoffeinsatzes auf Daten-Basis des Agrarumweltmonitorings und der kulturspezifischen Anbauflächen. Da die Daten für den biologischen Anbau nicht repräsentativ waren, wurde nur der nicht-biologische Anbau berücksichtigt. 
Quelle: Agroscope

Unterschiede zwischen Einsatz und Verkauf

Die Zahlen zum schweizweiten landwirtschaftlichen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, die auf Basis der Daten aus dem Agrarumweltmonitoring hochgerechnet wurden, liegen insgesamt tiefer als die verkaufte Menge. Wichtig: In den Zahlen zum Pflanzenschutzmittelverkauf sind jedoch nicht nur Anwendungen in der Landwirtschaft enthalten, sondern auch die in der Forstwirtschaft, im Gartenbau, Hausgarten, in der Lagerung oder entlang von Strassen und Schienen. Bei Wirkstoffen, die nur im Feld-, Obst- oder Weinbau und in keiner der anderen erwähnten Anwendungen eingesetzt werden – und von denen mehr als eine Tonne verkauft wird –, stimmen die Zahlen zur hochgerechneten Einsatzmenge relativ gut mit den Verkaufszahlen überein, sofern in jeder Kulturgruppe eine ausreichende Anzahl Wirkstoff-Applikationen erfasst wurde. Unterschiede zwischen der hochgerechneten Einsatzmenge und den Verkaufszahlen von Wirkstoffen sind durch mehrere Faktoren bedingt: nicht erfasste Anwendungen (Intensivgemüsebau, biologischer Anbau, Gartenbau, Forstwirtschaft, Einsatz durch Private usw.), nicht erfasste Applikationsarten (Saatbeizmittel, Nacherntebehandlungen) und mögliche Abweichungen zwischen den erhobenen Einsatzmengen der Betriebe des Agrarumweltmonitorings und der durchschnittlich in der Schweiz eingesetzten Menge (Spycher und Daniel, 2013). 
 

Mehr Daten zu Gemüse und Bio-Anbau benötigt

Da es grosse Unterschiede zwischen den einzelnen Kulturen gibt, ist es zentral, dass die Daten im Agrarumweltmonitoring alle wichtigen Kulturen angemessen abdecken. Beim pflanzenschutzmittelintensiven Obst- und Weinbau muss die Datenlage in Zukunft ausgebaut werden, um langfristige Entwicklungen verlässlicher abbilden zu können. Für den ebenfalls pflanzenschutzmittelintensiven Gemüsebau ist die bisherige Datenlage zu gering, um Auswertungen vorzunehmen. Diese Kulturgruppe fehlt daher in den Darstellungen. Daten zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im biologischen Anbau sind bisher ebenfalls zu wenig vorhanden, um belastbare Auswertungen vorzunehmen. Deshalb fehlen sie in den Hochrechnungen zur eingesetzten Menge. Bei den Feldkulturen ist die Datenlage jedoch solide um langfristige Verschiebungen im Pflanzenschutzmitteleinsatz gut abzubilden.
 

Forschungsprojekt soll wichtigste Einsatzgebiete ermitteln

Im Rahmen vom Aktionsplan Pflanzenschutzmittel soll nun genauer untersucht werden, für welche Anwendungen und in welchen Mengen die verkauften Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Bessere Kenntnisse über den Einsatz von Pflanzenschutzmittel sind zentral, um gezielte Massnahmen zur Risikoreduktion und deren nachhaltigen Anwendung zu treffen und um die Effektivität von Massnahmen zu evaluieren. Daher wurden parallel zueinander zwei Projekte gestartet: ein Forschungsprojekt zur Quantifizierung der wichtigsten Einsatzgebiete von Pflanzenschutzmitteln und ein Projekt zur Schliessung der bekannten Datenlücken. Im Rahmen des Forschungsprojektes werden einerseits die Daten aus dem Agrarumweltmonitoring mit anderen Datensätzen kombiniert um pro Wirkstoff die wichtigsten landwirtschaftlichen Anwendungsgebiete (Gemüse-, Obst-, Reb- und Feldbau) abzuschätzen. Andererseits werden diverse Datenquellen zusammengezogen, um für jeden Wirkstoff die Relevanz von nicht-landwirtschaftlichen Anwendungen zu bewerten. Daraus soll ein Verteilschlüssel hergeleitet werden, der pro Wirkstoff die wichtigsten Einsatzgebiete quantifiziert. Diese verbesserte Kenntnis über den Einsatz von Pflanzenschutzmittel dient als wichtige Grundlage für Indikatoren, welche die Entwicklung von Risiken aufzeigen. Parallel dazu werden in einem zweiten Projekt zur Schliessung von Datenlücken gezielt mehr Betriebe rekrutiert, welche Daten zu landwirtschaftlichen Anwendungen im Gemüsebau, biologischen Anbau, und im Obst- und Weinbau zur Verfügung stellen. 

Literatur

de Baan L., Spycher S., Daniel O., 2015: Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz von 2009 bis 2012. Agrarforschung Schweiz 6 (2), 48 – 45.

Spycher S., Daniel O. 2013: Agrarumweltindikator Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Auswertungen von Daten der Zentralen Auswertung Agrarumwelt-indikatoren (ZA-AUI) der Jahre 2009 – 2010. Spycher und Daniel, 2013. 

Laura de Baan, Agroscope, laura.debaan@agroscope.admin.ch

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